von Gregor | 16.03.2015 | eingestellt unter: Historisch, Reviews

Review: Steinhagel

Heute haben wir mal wieder ein Gastreview für Euch! Gregor hat sich das Regelbuch zu Steinhagel vorgenommen.

Steinhagel_Tabletop_Regelbuch_Cover

Nach „Kugelhagel“ folgte pünktlich zur RPC 2014 mit „Steinhagel“ ein weiteres historisches Regelwerk aus der Feder von Martin Feller. Während das Erstlingswerk sich um Konflikte im 19. Jahrhundert kümmerte, befasst sich der Nachfolger – wie der Titel schon vermuten lässt – mit Schlachten in der Antike.

Grundsätzlich verhält sich der Nachfolger ähnlich wie „Kugelhagel“: Das Spiel basiert auf Schlachten zwischen größeren Verbänden, wobei die Kohorte die kleinste Einheit verkörpert. Eine Einheit bei „Steinhagel“ repräsentiert also ca. 500 Kämpfer. Der Autor überlässt es im Wesentlichen den Spielern, festzulegen, wie viele Figuren sie für ihre Einheiten nutzen wollen. Damit richtet sich auch „Steinhagel“ gerade an Einsteiger, die noch keine fertig bemalte Armee im Schrank stehen haben und ihre Streitkräfte erst sammeln und bemalen müssen. Schon 12 Infanterie-Modelle reichen aus, um eine Standard-Einheit darzustellen. Plänkler und Reiter kommen sogar mit 6 Modellen aus. Hierbei wird vom 28mm Maßstab ausgegangen, dieser ist aber in keiner Form bindend. Auch hier ist dem Spieler größtmögliche Freiheit geboten. „Steinhagel“ funktioniert auch mit 6, 15 oder 20mm.

RPC 2014 Steinhagel 1

Steinhagel auf der RPC 2014

Was ist gleich?

Im Grunde folgt „Steinhagel“ den gleichen Grundregeln, wie „Kugelhagel“. Die Einheiten werden durch Karten aktiviert. Dazu nutzen die Spieler ganz normale Spielkarten aus 32 Karten. Es gibt einen schwarzen und einen roten Spieler und beide erhalten die Bildkarten ihrer Farben, um sie als Joker ihren Kommandanten zuzuordnen. Zur Aktivierung wird abwechselnd gezogen, wobei schwarze Karten die Einheiten des schwarzen Spielers aktivieren und umgekehrt. Die Joker können von den Spielern an Stelle einer gezogenen Karte eingesetzt werden, was sie ansagen, bevor sie eine Karte ziehen.

Ebenfalls gleich geblieben sind die verschiedenen Formationen, die nun aber anders benannt werden und sich auch anders auf das Spiel auswirken. Die Darstellung bleibt gewohnt abstrakt. Dies ist vor allem der Spielpraxis geschuldet. Keiner hat wirklich Lust, jedes Mal, wenn seine Legionäre in die Schildkrötenformation wechseln, das ganze Regiment vom Feld zu räumen und durch ein Regiment in entsprechender Formation zu ersetzen. Die wichtigste Formation ist die Schlachtenreihe, während die Marschkolonne zwar eine schnellere Bewegung ermöglicht, gleichzeitig die Kampfkraft einer Einheit aber deutlich reduziert. Die Plänklerformation ist ebenfalls nicht für die direkte Konfrontation geeignet. Das Karre ist logischerweise weggefallen, dafür aber die Schildkrötenformation für die Römer neu hinzugekommen. Sie erfüllt allerdings effektiv einen ähnlichen, defensiven Zweck.

Ebenfalls erhalten geblieben sind die „Nebelmarker“ für verborgene Einheiten und die Aktivierung durch Spielkarten. Verluste werden weiterhin nicht entfernt, sondern nur ganze Einheiten.

RPC 2014 Steinhagel 3

Was ist neu?

Eine der wichtigsten Neuerungen ist, dass Schlachtenreihen jetzt enger zusammen gehalten werden können. Während es bei Kugelhagel um Kämpfe im 19. Jahrhundert ging, wo Verbände nicht mehr in einer starren Linie kämpften, sondern für sich genommen schon deutlich dynamischer agieren konnten, gilt das für die Antike nicht. Hier kommt es für disziplinierte Armeen eher darauf an, ihre Reihen geschlossen zu halten. Die römischen Feldherren sind also nicht gezwungen, einzelne Kohorten auf den Gegner zuzuschieben und zu hoffen, dass sie dort alle gleichzeitig ankommen. Wo wir gerade bei Feldherren sind… Die Rolle der Feldherren ist wohl die drastischste Veränderung bei Steinhagel. Beim Vorgänger waren die Feldherren im Grunde nur für die Optik auf dem Feld und als Joker reine Kartenlieferanten, gegen die der Gegenspieler auch nichts machen konnte. Das sind sie nun nicht mehr. Die Offiziere haben jetzt einen viel größeren Einfluss auf das Schlachtgeschehen selbst. Sie können in Kämpfe eingreifen und verleihen ihren Einheiten Boni. Gerade die germanischen Anführer waren bekannt dafür, in vorderster Reihe mitzumischen oder auch individuelle Zweikämpfe mi gegnerischen Anführern auszutragen. Die Vorteile, die die Offiziere ihren Untergebenen erkaufen, haben allerdings ihren Preis. Denn wenn es schlecht läuft, beißt nicht nur der Boni-Geber ins Gras, er nimmt vielleicht auch einige der unverbrauchten Joker mit aus dem Spiel. Diese werden nämlich weiterhin von Offizieren geliefert.

An wen richtet sich Steinhagel?
Das Spielprinzip hat sich nicht sehr verändert. Einige Anpassungen für die Epoche wurden vorgenommen, aber wer Kugelhagel bereits kennt, wird sich in Steinhagel sehr schnell zurecht finden. Wir haben hier ein Massensystem, das mit einfachen Grundregeln und wenigen Sonderregeln auskommt. Einheiten bewegen sich als genau solche, haben also nur ein einzelnes Profil, Verluste werden nicht individuell entfernt, die Einheit wird als Ganzes vom Feld genommen, wenn das Kampfgeschehen so schlecht für sie läuft, dass sie Fersengeld gibt.
Wer noch nicht besonders tief in der Materie steckt oder einfach nur ein simples, schnell erlernbares Spiel für den gemütlichen Tabletop-Abend haben möchte, ist bei Steinhagel genau richtig. Wie eingangs schon gesagt, braucht man auch keine besonders große Sammlung, um loszulegen und auch kleinere Sammlungen lassen sich gut für das Massensystem nutzen. Eine Schlacht mit weniger als 100 Modellen ist mit Steinhagel ohne Probleme möglich, sie fühlt sich aber trotzdem wie eine Schlacht an. Da sich Einheiten sehr zügig bewegen, braucht man allerdings schon etwas Platz, damit das Spiel sein volles Potential abrufen kann.

RPC 2014 Steinhagel 4

Fazit

Steinhagel ist ebenso wie Kugelhagel nicht die Offenbarung des historischen Wargamings. Das war aber wohl auch nie der Plan. Es ist aber ein hervorragendes Regelwerk, um den Einstieg in historische Schlachtenspiele zu ermöglichen. Die Nachteile der historischen Massensysteme sind oft die Massen an Modellen, die benötigt werden und die mitunter sehr komplexen Regeln. Steinhagel gelingt es, beides dem Spieler nicht abzuverlangen, geht aber weit genug auf die Historie ein, so dass die Einheiten und Armeelisten weitgehend stimmig und vor allem nicht beliebig und austauschbar wirken. Über das Fernkampfpotential römischer Legionäre kann man sicher streiten, aber zusammengefasst hat das Regelwerk schon Hand und Fuß. Sehr schön sind auch die vielen Fotos von Modellen und Laienschauspielern in römischen Uniformen, die das Gesamtbild des Regelwerks abrunden. Für 24,95 EUR erhält man also ein Softcover-Heft mit rund 70 vollfarbigen Seiten und kann damit gleich loslegen.

Anmerkung des Kritikers

Ich erhielt das Regelwerk vor etwa einem Jahr, habe also erschreckend lange für die Rezension gebraucht. Dafür möchte ich mich zunächst einmal entschuldigen. Ferner möchte ich mich bei Martin Feller für seine Arbeit an den Regeln bedanken. Ich denke, dass es dem historischen Flügel der deutschen Tabletopszene sehr gut tut, auch deutsche Regeln für ein Massensystem zur Verfügung zu haben. Man kann gespannt sein, welche Epochen noch „vom Hagelschlag erwischt“ werden. Außerdem möchte ich auf inzwischen erschienene Armeelisten verweisen, die ihr gratis herunterladen könnt. Neben Kelten und Griechen sind auch zwei Armeelisten für die punischen Kriege erschienen. Diese sind zum Beispiel im Sweetwater Forum zu finden.

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Kommentare

  • Mir war bei Kugel- und Steinhagel besonders wichtig,das man etwas in Deutsch in der Hand hat und gleich loslegen kann,seine Minis über den Wohnzimmertisch zu schieben und so spielerfahrungen zu sammeln. Ich finde es ist eine gelungene Mischung aus Spiel und Spaß. Und vorallem nicht so kompliziert 😉 .

  • Vielen Dank für den Artikel, irgendwie hab ich das Buch total vergessen ;-(
    Ich suche schon seit Langem ein deutsches Regelbuch, mit dem ich mit meiner Frau Kämpfe im alten Rom spielen kann. Ich selbst bin ein alter Tabletop-Hase, sie wiederum ein totaler Neuling.
    Ich glaube das könnte ihren Einstieg bedeuten 😉

  • Was sie dir wohl noch alles vortäuscht… 😉
    Gutes Review. Karten Aktivierung und Fog oft War find ich gut.

  • Klingt tatsächlich sehr interessant für einen „sanften“ Einstieg ins Thema. Der Mangel an Armeelisten ist allerdings ein ziemliches Manko, auch wenn da noch dran gearbeitet wird. Dennoch, Steinhagel werde ich im Hinterkopf behalten.

      • HC wird bei uns bereits gespielt – wenn man die anderen Systeme von Warlord kennt und mag kann man da nichts falsch machen 🙂

        @ Steinhagel
        Da man keine riesige Menge an Minis braucht dachte ich auch schon daran während des Aufbaus nach Steinhagel zu spielen – werde ich auf jedenfall mal testen

  • Mich stören die Karten. Ich habe mir jetzt einige Spiele angesehen und diese Karten zerstören für mich die gesamte Optik des Spieles.

    • Habe ich auch drüber nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass man die auch einfach durch entsprechende Alternativen ersetzen kann. Ein paar Stunden am PC, dann hat man schönen und passenden Ersatz.
      Wäre natürlich besser, wenn es entsprechendes zum Beispiel als Download gäbe, aber das Leben ist eben kein Ponyhof^^

  • Hilfe ich bin auf dem Bild.
    Ich finde das System echt klasse. Das Ganze ist sehr einstiegsfreundlich. Gleich beim ersten Spiel habe ich die Regeln verstanden. Und auch wenn es nicht so stark ins Detail geht so hat man ein Spiel welches man auch einfach schnell zwischendurch spielen kann.

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