Review: Warhammer Fantasy 8. Edition
Über die 8. Edition von Warhammer Fantasy wird schon jetzt viel diskutiert. Und das nicht ohne Grund.
Warhammer Fantasy ist das Flaggschiff im Bereich Fantasy Tabletop und eine zentrale Marke von Games Workshop, der es den frühen Erfolg zu verdanken hat. Dem zu Folge legt man natürlich besonders viel Wert auf den Erfolg der Neuauflage.
Für diejenigen, die bisher noch keinen Kontakt mit Warhammer Fantasy hatten, WHFB (Warhammer Fantasy Battles) ist ein W6 basierendes System, in dem mehr als 10 verschiedene Völker ihre Armeen in Form von Regimentern, Kriegsmaschinen und Monstern gegeneinander in die Schlacht ziehen lassen.
Bislang galt Warhammer Fantasy als das taktischste System im Portfolio von Games Workshop. Gegnerische Regimenter ausmanövrieren und ihnen mit eigenen Regimentern in Flanke oder Rücken fallen, mit Salven aus Pfeilen und Blei das Heer des Gegners ausdünnen bevor man es mit Monstern, Kriegsmaschinen oder einem Regiment tapferer Nahkämpfer auslöscht.
Da man im Gegensatz zu Warhammer 40.000 eingeschränkte Sichtwinkel der Regimenter hat (die klar erkennbare Fronten, Flanken und Rückseiten haben), ist die Ausrichtung und Bewegung der verschiedenen Einheiten ein wichtiges Element, das es zu berücksichtigen gilt. Es gibt nichts ärgerlicheres, als eine schlagkräftige Einheit selbst aus dem Spiel genommen zu haben, weil sie keine Sichtlinie zum Feind hat und ihre Aktion darauf verschwenden muss, diese erst zu erhalten anstelle mächtig Schaden auszuteilen.
Was sind die größten Änderungen in der 8. Edition von Warhammer Fantasy?
Beginnen wir mit den allgemeinen Punkten.
Zum einen, etwas das bei neueren Systemen immer mehr im Kommen ist und nun auch bei Warhammer Fantasy umgesetzt wurde: Es darf jeder Zeit gemessen werden. Bislang war das bei Warhammer tabu und das nicht nur wegen des Schätzens für manche Kriegsmaschinen, was nun wegfällt. Die einen sind darüber glücklich, die anderen weniger. Es macht das Einsetzen von Beschuss einfacher und macht den Angriff trotz der neuen „Zufallsbewegung“ etwas berechenbarer.
Etwas das uns positiv aufgefallen ist, war die Einteilung der Regeln in Basisregeln und fortgeschrittene Regeln. Auf den ersten 60 Seiten werden die Grundregeln erläutert, um erst einmal die Spielzugreihenfolge und das Abhandeln von Beschuss und Nahkämpfen zwischen regulären Regimentern zu erlernen. Danach erst wird sich mit den Zusatzregeln für Plänkler, Sonderregeln und den ganzen Details der Regeln beschäftigt. Das ist sehr einsteigerfreundlich, und man erschlägt den Leser nicht direkt mit 120 Seiten in denen alles steht, sondern ermöglicht den Schrittweisen Einstieg ins System. Unterstützt wird das Ganze durch anschauliche Diagramme, die auch komplexere Sachverhalte wie multiple Nahkämpfe erläutern. Generell ist das Regelwerk aufgeräumter, die Aufteilung der Kapitel ist schlüssiger und die Formulierungen deutlicher. Hinzukommen anständige Querverweise, dank derer man direkt zur gesuchten Seite springen kann und nicht erst im Index suchen muss.
Eine der größten Veränderungen, welche alle Armeen betrifft, ist der Armeeaufbau. Zur 6. Edition wurde die Armeeauswahl eingeführt, und je nach Punktegröße mussten eine bestimmte Mindestzahl an Kerneinheiten und durften eine maximal Zahl an Helden, Elite und Seltenen Auswahlen aufgestellt werden. In der 8. Edition kehrt man zur alten Methode zurück, nach der die Auswahlen einen bestimmten Prozentwert der Gesamtpunktzahl ausmachen. Dies ist eine sehr sinnige Änderung, da so die Zeit der Alibi-Kerneinheiten vorbei sein dürfte, da nun nicht mehr das billigste mitgenommen wird sondern das sinnigste für mindestens 25% der Gesamtpunkte. Zusätzlich zur Prozentregel gibt es Einschränkungen für Elite und Seltene Auswahlen, die in dieser Form bereits seit geraumer Zeit auf Turnieren üblich ist: Eine Auswahl darf unabhängig von der Punktzahl nicht mehr als 3 bzw. 2 mal (in Großen Armeen jenseits der 3.000 Punkte doppelt so häufig) eingesetzt werden.
Eine weitere positive Änderung in der 8. Edition ist die klare Einteilung der Truppentypen. Bislang musste man sich Einheitenstärke u.a. über die Anzahl der Lebenspunkte oder Basegröße ableiten, was zu Diskussionen führte und häufig erst mit einem Errata / FAQ für wirkliche geklärt wurde. Die neuen Einheitentypen unterscheiden in regulär und monströs, so benötigt man regulär mindestens 5 Modelle für ein vollständiges Glied, im Falle der monströsen Infanterie / Kavallerie sind es nur 3 Modelle. Diese Änderung war lange Überfällig und dürfte nicht nur für Oger-Spieler eine frohe Botschaft sein, sondern auch den Einsatz von Minotauren und Trollen begünstigen.
Bei Plänklern ist die Zeit der wilden Mobs vorbei, werden sie nun wie ein normales Regiment aufgestellt, allerdings jedes Modell mit einem halben Zoll abstand zum nächsten. Die Zeiten der weitgezogenen Sichtschirme, sollen damit etwas eingedämmt werden, da nun Front und Flanken der Einheiten auch klar(er) ersichtlich sind. Dank der neuen Sichtlinien, welche sich an denen von Warhammer 40.000 orientieren, verdeckt außerdem beispielsweise Infanterie nicht mehr die Sicht auf Kavallerie, was die Plänklerschirme mancher Armeen weiter abschwächt.
Bewegung
Warhammer Fantasy wurde schon in der alten Version in der Bewegungsphase gewonnen. Aber hier lagen bislang ein paar Stolpersteine, welche das Spiel eher zäh gestaltet und für Stellungsdiskussionen gesorgt haben.
So wurden zum einen die Regeln für Gelände verändert, sie verlangsamen die Bewegung nicht mehr sondern bergen je nachdem um welchen Geländetyp es sich handelt zusätzliche Gefahren (beispielsweise in direkten Treffern oder Verlusten) für das sich hindurchbewegende Regiment. Somit dürfte nun mehr mit dem Gelände interagiert werden, anstatt es nur zu meiden.
Regimenter durften in der alten Edition nicht marschieren, wenn sich feindliche Einheiten in einem bestimmten Umkreis befanden. So verlangsamte man Regimenter indem man schnelle Einheiten in deren Flanke oder Rücken positionierte, sie am marschieren hinderte und auch nicht angegriffen werden konnte. Das wurde nun eingeschränkt, da Regimenter nun trotzdem marschieren dürfen, auch wenn sich eine feindliche Einheit im Umkreis befindet, wenn vorher ein Moralwerttest bestanden wurde. Clevere Neuerung, denn wieso sollten sich kampferfahrene Recken von einer handvoll Plänkler oder ähnlichem am vorrücken hindern lassen.
Für fliehende Einheiten gibt es auch eine positive Änderung, diese werden nun nicht mehr automatisch vernichtet wenn sie durch eine feindliche Einheit hindurchfliehen, sondern legen einen Test auf gefährliches Gelände ab. Somit wird sie, höchstwahrscheinlich, schaden nehmen aber nicht mehr völlig ausgelöscht, was gerade bei den neuen, größeren Regimentern sehr fatal wäre.
Als Überleitung von der Bewegung zum Nahkampf gehen wir kurz auf die neue Angriffsbewegung ein. Diese ist nun nicht mehr nur der doppelte Bewegungswert sondern die Grundbewegung + 2W6 (für bestimmte Einheiten wie Kavallerie gelten leicht modifizierte Werte). Damit wird das Spiel deutlich schneller, da der Angriffsradius von vielen Regimentern von etwa 8 bis 10 Zoll auf 16 bis 17 ansteigt.
Nahkampf
Wenn das Regiment nun in den Nahkampf stürmt, gibt es weitere Änderungen, vielleicht die meisten im gesamten Regelwerk. Zum einen wurde Stehen & Schießen an die neue Angriffsreichweite angepasst, also nicht mehr Hälfte der Angriffsdistanz, die nun deutlich höher ausfüllt, sondern an die Bewegungsreichweite.
Vor allem aber wurde die Anzahl der Attacken, welche im Nahkampf ausgetauscht werden, deutlich erhöht. So attackiert nun generell das 2. Glied mit, wenn auch nur Unterstützend. Bei Horden, besonders große Regimenter die 10 Mann breit aufgestellt sind, dürfen sogar aus dem 3. Glied attackieren und mit Speeren sind es dann noch ein weiteres Glied mehr. Das begünstigt große Regimenter, gerade wenn diese wenige Punkte kosten.
Dabei bleibt es aber nicht, so werden Attacken unabhängig davon wer angegriffen hat, immer in Initiativereihenfolge abgehandelt und nachrückende Modelle dürfen nun auch attackieren. Der Nahkampf wird härter, der verursachte Schaden steigt und damit auch die Geschwindigkeit der Nahkämpfe.
Zusätzlich gilt eine neue Verwundungstabelle (für alle Verwundungen, Nahkampf und Fernkampf), die es nun auch ermöglicht mit Bsp. Stärke 1 ein Modell mit W10 auszuschalten. Es gibt somit keine automatische Unbesiegbarkeit mehr und das bringt Einheiten wie den Dampfpanzer in deutlich größere Gefahr.
Für die Ermittlung der Kampfergebnisse gibt es auch ein paar kleinere Änderungen: Angreifen führt nicht mehr dazu, dass man zu erst zuschlägt, sondern gibt +1 auf das Kampfergebnis. Angriffe in Rücken und Flanke negieren erst dann den Gliederbonus der angegriffenen Einheit, wenn der Angreifer über 2 vollständige Glieder verfügt und nicht nur über Einheitenstärke 5.
Neu ist auch Standhaft, welche wie Unnachgiebigkeit funktioniert solange die Einheit über mehr Glieder als ihr Gegner verfügt. Psychologie hat im Nahkampf nun auch einen anderen Stellenwert, da ein verlorener Nahkampf gegen einen Angst verursachen Gegner nicht mehr automatisch aufreibt und Entsetzen den Wirkungsradius verloren hat und nur noch in Basekontakt wirkt.
Insgesamt werden größere Einheiten begünstigt, was dem Gedanken von Warhammer Fantasy entspricht. Schlachten die zwischen großen Regimentern geschlagen und entschieden werden. Das sollte zu einer Änderung der häufig eingesetzten MSU Taktiken (MSU, Multiple Small Units, Mehrere Kleine Einheiten) führen.
Beschuss
Im Beschuss verändert sich etwas weniger. Da man immer Messen darf, fällt die Reihenfolge von Schätzwaffen vor anderen Waffen weg. Für Kriegsmaschinen wird mittlerweile einfach nur noch der Zielpunkt bestimmt und dann gewürfelt. Die Effektivität steigt, schließlich hat man mit größeren Regimentern auch mehr Ziele, die man unter eine Schablone kriegt. Allerdings wurde auch die Fehlfunktionstabelle für Kanonen verschärft.
Damit aber nicht nur im Nahkampf mehr ausgeteilt werden kann, dürfen Einheiten mit Fernkampfwaffen aus 2 Gliedern schießen und bestimmte Waffen sogar ganze Salven abfeuern. Dank der neuen Verwundungstabelle kann man über die Masse auch große Ziele ausschalten.
Magie
Kann man bei der Magie überhaupt von einer Veränderung sprechen? Es ist fast komplett überarbeitet worden. Angefangen bei Kleinigkeiten, wie z.B. dass Zaubersprüche nun nicht mehr zu Spielbeginn sondern davor festgelegt werden sollen.
Eine Veränderung die zum Balancing stark beitragen sollte, ist definitiv die Ermittlung der Energie- und Bannwürfel. Vorbei sind die Zeiten von magielastigen Armeen jenseits der 30 Energiewürfel. Zu Beginn jedes Spielzugs werden die Würfelpools mit Hilfe von 2 W6 ermittelt. Zusätzlich kann für jeden Zauberer ein W6 geworfen werden und bei einer 6 wird ein weiterer Würfel generiert. Insgesamt kann der Pool allerdings nicht mehr als 12 Energie- bzw. Bannwürfel enthalten. Das schränkt das Potenzial von Magie anfangs bereits ein. Dafür sind die neuen Zaubersprüche deutlich verheerender und mächtiger als die alten Lehren und werden in 4 Kategorien unterschieden, (Direktschaden, Geschosszauber, Unterstützungszauber, Fluch und Magiewirbel).
Ein Zauberer kann nun unabhängig von seiner Energiestufe zwischen 1 bis 6 Würfel zum sprechen seiner Zauber einsetzen, und addiert seine Magiestufe auf den erwürfelten Wert um gegen den Zauberwert (ehemals Komplexitätswert) des Zaubers zu würfeln. Zaubern will allerdings gut überlegt sein, denn Zauberpatzer und nicht gelingen von Zaubern ist deutlich verheerender als zuvor. Die Kontrollverlusttabelle erhält einige Schmerzhafte Erfahrungen für unfähige Zauberkünstler bereit. Sogar die Totale Energie hat einen negativen Effekt, denn der Zauberer muss auf der Kontrollverlusttabelle würfeln, und wie bereits erwähnt, hat diese es in sich.
Im Bereich der Magie müssen wir auf jeden Fall die deutlich gewachsene Liste der magischen Gegenstände eingehen. Hier gibt es nun eine riesige Auswahl an verschiedensten Gegenständen und auch ein paar Änderungen, so unterliegen beispielsweise Spruchrollen denselben Auflagen wie andere Magische Gegenstände, dürfen also nicht mehr als einmal in einer Armee vorkommen. Während man sich in den anderen Bereichen um ein besseres Balancing bemüht hat, war man bei den magischen Gegenständen eher fahrlässig. Die pauschalen Kosten für alle Armeen sind nicht angemessen, da verschiedene Gegenstände für bestimmte Völker deutlich mächtiger sind als für andere und somit andere Punktwerte tragen müssten.
Fazit
Das neue Regelwerk hat mehr als 500 Seiten von denen etwa 180 Seiten die tatsächlichen Regeln ausmachen. Häufig liegt der Unterschied in einem kleinen Detail, einer Änderung im Nebensatz. Wir haben die größten Änderungen angesprochen und auch über die Folgen dieser Veränderungen redaktionsintern diskutiert.
Die Tendenz zu einem Wachstum der Armeen besteht, diese richtet sich zwar nicht zwingend auf die von vielen gefürchtete 3.000 Punkte Marke und darüber hinaus, aber um die größeren Regimenter zu finanzieren, welche von vielen der neuen Regeln profitieren, wird ein Wachstum ins Feld 2.500 – 2.999 Punkten notwendig sein.
Das Spiel wird insgesamt durch den höheren Schaden in Nahkampf, Fernkampf und Magie deutlich schneller, was gerade bei kleineren Punktzahlen zur deutlich beschleunigten Eliminierung von Einheiten führt. Auf die Frage, ob Warhammer dadurch besser ausbalanciert wird, kann man jetzt noch keine sichere Antwort geben. Sicher ist, dass viele ihre Taktiken umstellen müssen, dass werden die nächsten Monate zeigen. Auch hier wird es wieder effektivere und weniger effektive Lösungen geben, allerdings geht die Richtung hier eher zu Regimenter anstatt kleinerer Einheiten oder nur Helden, was im Sinne des Spiels und vor allem in Sinne vieler Spieler sein sollte.
Fakt ist, das neue Warhammer ist anders. Ob es besser oder schlechter ist, liegt am jeweiligen Anspruch den der Spieler an das System stellt. Bei vielen Änderungen, wie den aufgeräumteren Regeln, die das Spiel weniger statisch und dynamischer gestalten, kann man klar sagen, dass es positiv für das System ist, da es Warhammer Fantasy einfacher macht weitere Spieler für sich zu gewinnen. Bleibt nur noch zu hoffen, dass man dieser Linie auch in den kommenden Armeebüchern treu bleibt.
Link: Games Workshop
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