von BK-Carsten | 07.10.2015 | eingestellt unter: Fantasy, Reviews

Review: Otherworld Fantasy Skirmish

Fantasy-Abenteuer – wie damals.

Otherworld versorgte bisher Fantasyspieler mit klassischen Miniaturen zum Dungeons & Dragons Rollenspiel, nun ist ein eigenes Skirmish-Regelwerk veröffentlicht worden.
Wir haben uns für euch durch das Buch geblättert.

OtherworldCover

Auf einen Blick:

Hersteller: Otherworld Miniatures
Produkt: Otherworld Fantasy Skirmish
Preis: 25,00 GBP
Material: Softcoverbuch
ISBN: 978-0-9933405-0-5
Sprache: Englisch

Schon beim Cover wird klar wohin die Reise gehen soll: ganz weit in das Nostalgie-Zentrum der Rollenspielkultur. Das Covermotiv ist eine Anspielung auf das Cover des „Player’s Handbook“, des ersten Dungeons and Dragons Regelwerks von 1978. Dies ist eigentlich nicht weiter verwunderlich, da die Otherworld Miniaturen bisher immer ziemlich exakt den D&D-Monster-Zoo belieferten – natürlich auch die entsprechenden Helden.

Im Inneren des Buches erwartet den Leser vom Design her ein guter Mix aus nostalgisch anmutenden Illustrationen und teils Seiten-füllenden Fotografien der Minis in Action. Dabei wirken die Aufnahmen und Zeichnungen nie altbacken oder aus der Zeit gefallen.
Für die Regeln ging Autor Karl Perrotton eine Alianz mit Crooked Dice ein und verwendet deren action:engine Regeln, wie sie beispielsweise von 7TV bekannt sind.

OtherworldTaverne

Otherworld bietet die Regeln und den Rahmen, um typsiche Fantasy-Scharmützel auszufechten. Dabei spielt es keine Rolle, ob eine Gruppe Magier, samt Gefolge, auf einen Drow-Trupp oder ein paar Abenturer auf eine Horde Orks trifft. Das Regelbuch enthält genug Profile und Charakterbau-Regeln, um alle erdenklichen Szenarien darzustellen. Dabei muss das Ziel nicht unbedingt immer die Auslöschung der anderen Truppe sein. Auch bei den Szenarien sind viele Möglichkeiten offen. Die Regeln geben es beispielsweise auch her, Charaktere Gefangen zu nehmen.

Umfangreiche Grundregeln …

Da Otherworld von Rollenspielen inspiriert wurde, dürfte es klar sein, dass es mehr Grundregeln als Laufen, Kämpfen und Zaubern gibt.
Zu Beginn jeder Runde wählen die Spieler die Hälfte ihrer einsatzbereiten Modelle aus. Nur diese dürfen in der laufenden Runde aktiviert werden. Wer schlecht voraus geplant hat, bekommt hier die Quittung. Dabei hat jeder Charakter zwei Aktionen zur Verfügung.
Natürlich gibt es Regeln für Bewegung, allerdings auch für Springen, auf den Boden werfen, Chargen, Klettern, Fallen und Schwimmen. Es können auch bewegungsunfähige Gegner weggetragen werden, zu zweit geht’s dann auch schneller.
Der Kampf funktioniert wie folgt: Der Spieler muss mit einen W6 gleich oder höher dem Attack-Wert des Charakters würfeln – dies kann durch diverse Situationen, etwa Angriff von hinten, beeinflusst werden. Danach werden Defence und Strength verglichen. Daraus resultiert der zweite Wurf, der ermittelt, ob die Attacke Schaden verursacht. Bestimmte Waffen erlauben es auch eine Parade.
Was wäre eine schöne Dungeontour ohne Magier? Richtig, ein Haufen nach Schweiß stinkender Proleten, ohne jemanden, der sich einem Balrog entgegen stellen kann.
Zum Glück gibt es natürlich auch Magie im Otherworld-Regelwerk.
Ein Magier besitzt einen gewissen Pool an W6, die er in einer Aktivierung einsetzen kann. Will der Magiekundige einen Spruch wirken, verbraucht er beliebig viele Würfel aus dem Pool. Der Wurf plus die Intelligenz des Charakters müssen mindestens auf den Wert des Spruches kommen. Zaubersprüche haben einen Wert zwischen acht und zehn. Ein fähiger Magier besitzt eine Intelligenz von vier. Der Würfelpool eines Charakters „von der Stange“ beträgt allerdings erstmal nur einen Würfel. Ohne dem Charakter einen größeren Pool an Würfeln zu kaufen, ist Zauberei ein krasses Glücksspiel.

… viele Fähigkeiten

Seine Charaktere möglichst individuell auszustatten, gehört einfach zu einem Rollenspiel-Setting dazu. Otherworld hält einen ganzen Supermarkt an Fähigkeiten und Items parat. Die Fähigkeiten sind recht klassisch: Kämpfer können stärker werden und besser mit Waffen umgehen, Schurken können sich lautlos bewegen oder ihr Glück steigern. Auch übernatürliche Fähigkeiten spielen eine Rolle. Unsichtbar ohne Bilbos Ring oder Harrys Mantel? Mit der richtigen Fähigkeit ist das möglich. Die Zahl der Fähigkeiten lässt es leider nicht zu, dass wir hier alle aufzählen. Besonders schön ist jedoch, dass es auch Nachteile, wie Clumsy, Nervous oder Cursed gibt. Die Nachteile ermöglichen es, zusätzliche Fähigkeiten auszuwählen. Aber dafür sind die negativen Auswirkungen nicht ohne. Wer clumsy ist, muss bei jedem Geschicklichkeitstest zwei Würfel rollen und immer den schlechteren nutzen. Zu den Fähigkeiten gibt es auch praktisches Equipment, wie eine Laterne, die es erlaubt, verpatzte Moraltest zu wiederholen.

OtherworldAbilities

Partyplaner

Bisher haben wir eigentlich nur über Regeln und Fähigkeiten geredet. Kommen wir nun zu denen, die sich in finsteren Städten und lichten Wäldern die Finger schmutzig machen: Den Helden und Schurken.
Die Fraktionen bestehen aus einer Reihe von Charakteren. Hier zeigt sich noch sehr deutlich der Filmcast-Ansatz von 7TV. Es gibt einen Haupt-Helden, wie den Paladin, den Meisterdieb oder den Magier und deren Konterparts wie den fiesen Söldner oder die Nekromantin. Darunter gesellen sich die Sidekicks und danach kommt dann sozusagen das Bodenpersonal. Eine Fraktion besteht aus etwas zehn bis 20 Miniaturen, je nach Szenario.
Die Spieler einigen sich zu Beginn auf einen Goldwert, den die Truppen haben dürfen, danach wird eingekauft. Die Hauptcharaktere sind klassische Fantasy-Archetypen. Dabei spielt es am Ende keine Rolle, ob der „Merciless Warlord“ nun ein finsterer Nordmann oder ein Orkhäuptling ist. Die Charaktere verfügen über eine passende Statistik-Tabelle, die für Gold angepasst werden kann. Mit Gold lassen sich auch zusätzliche Fähigkeiten erkaufen oder eben die oben erwähnte Ausrüstung. Neben den Companions – den Sidekicks – können die Spieler aus einer großen Zahl an Minions wählen.

OtherworldDungeon

Das Dungeon-Personal

Die Miniosn sind nicht kleine, gelbe, Bananen-verrückte Männchen, sonder alles vom einfachen Lastenträger bis hin zum Drachen. Minions können Untote oder Dorffolk, Harpyen oder Eulenbären und, ach was man eben so kennt, sein. Die Auswahl ist groß genug, dass wohl jedes Fantasy-Szenario irgendwie abgedeckt ist. Die Minions verfügen teilweise über eigene Spezialfähigkeiten und ihre Werte können ebenfalls ein wenig modifiziert werden. Wer es etwas überraschender mag, kann auch wandernde Monster zu seiner Party hinzufügen. Diese können zufällig im Spiel auftauchen, wenn eine entsprechende Adventure Card gezogen wird.

OtherworldHogoblins

Und die Dinge, die es interessant machen

In diesem Spiel treffen nicht einfach zwei Horden aufeinander und schlagen sich die Köpfe ein (ok, geht natürlich auch, ist aber nur halb so interessant). In jedem Szenario gibt es einen Angreifer und einen Verteidiger. Der Verteidiger verteilt Adventure Tokens auf dem Spielfeld und bekommt die Gewalt über das Adventure Deck. Das Deck, welches entweder zusätzlich gekauft oder als kostenloses PDF über die Otherworld-Facebook-Seite bezogen werden kann, bringt zusätzliche Würze ins Spiel. Die Angreifer haben es auf die Adventure Tokens abgesehen. Dank der Karten kann sich unter einem Token auch eine Falle oder ein wanderndes Monster verbergen. Zusätzliche Aktionskarten, die der einen oder anderen Fraktion zustehen, erlauben es beispielsweise den Gegner mit Hilfe eines „Chainmail Bikini“ abzulenken und die Initiative zu stehlen.

Fazit

Otherworld Fantasy Skirmish ist ein Spiel für Rollenspieler. Die Regeln erlauben einen spannenden Skirmish-Abend zu verzocken. Die Fülle an Wahlmöglichkeiten beim Zusammenstellen der Fraktionen ermöglichen sehr individuelle Szenarien. Für den Einstig bringt das Regelwerk sechs Grundszenarien mit und eine kurze Kampagne aus drei Kapiteln und mit vorgefertigten Listen. Etwas schade ist, dass das Regelwerk nur auf Einzelbegegnungen ausgelegt ist. Es gibt keine Möglichkeit, Erfahrungspunkte zu sammeln und die Fähigkeiten seiner Gruppe zu steigern.
Für Fans klassischer Fantasy-Auseinandersetzung mit Hang zum Rollenspiel spreche ich in jedem Fall eine Kaufempfehlung aus.

Link: Otherworld Miniatures

BK-Carsten

Carsten, Brückenkopf Redakteur. Im Hobby seit Adam und Eva. Erstes Tabletop: Warhammer 6. Ed. Aktuelle Projekte: Blood Bowl, Pulp, Fantasy Skirmisher..., Malen und Modellieren

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Kommentare

  • Danke für das schöne Review.

    Nachdem ich mir vor einigen Monaten „einfach so“ ne Menge (übrigens wirklich hervorragender) Miniaturen von Otherworld gekauft habe weil mir nach klassischem RPG/Dungeon-Feeling war, bin ich auch auf das Regelwerk aufmerksam geworden, scheint dem Review nach ja meinen Geschmack zu treffen.

    Zum Punkt „umfangreiche Grundregeln“: Wie umfangreich denn genau? Wird man mit Regeln erschlagen, sodass man zum ständigen nachlesen gezwungen wird oder kann man relativ fix loslegen? Grad so ein Fantasy-Skirmish würd ich gern nutzen, um auch mal mit nicht-TTlern zu spielen, da darf es nicht zu kompliziert werden 😉

    • Die Regeln erschlagen einen nicht. Die Handlungen wie Springen, Ducken usw. sind in kurzen Abschnitten aufgeführt. Es kann losgespielt werden und dann in der entsprechenden Regel nachgeschlagen werden, wenn so eine spezielle Situation eintritt. Die einfachen Regeln, wie Bewegen und Kämpfen, sind schnell verstanden und bieten für Tabletop-Spieler micht mehr viele Überraschungen.

      • Das wollte ich hören, vielen Dank. Hatte für mein Dungeon-Projekt (Heldengruppe vs. fiese Untote) ursprünglich Songs of Blades and Heroes vorgesehen, bin mit dem System aber nicht ganz warm geworden. Das hier scheint deutlich interessanter zu sein.

  • Ich mag die Figuren von Orherworld sehr gerne und auch deren alten D&D Stil, Die Regeln hören sich auch gut an, nur keimt bei mir sofort der Gedanke auf, warum dann nicht gleich das Rollenspiel spielen?
    Ich glaube, da würde ich tatsächlich lieber D&D spielen.

    • IMO gibts da einen guten Grund: Deutlich weniger bookkeeping, und (noch) schnelleres Spiel.

      Aber die Idee ist eigentlich ziemlich gut. Ich benutze manchmal Savage Worlds für Skirmishabende. Schnell, trotzdem detailliert und man kann sehr schön RPG und Tabletop mischen.

    • Weil die D&D Regeln seit 3.x und höher nur noch besch…eiden sind? 🙂
      Und weil ich genau weiß, das die Gefühle für AD&D 2nd eher nostalgischer Natur sind…

  • Eine kleine Ergänzung zu den Fraktionsgrößen:
    Oben im Artikel bin ich recht großzügig mit der Miniaturenmenge.
    Otherworld gibt keine Mindestzahl an Figuren vor. Es sind auch 1VS 1 Partien oder asymetrische Begegnungen, wie Heldengruppe gegen Riese, möglich.
    Die Spielfeldgröße ist mit 2′ mal 2′ für kleine und 4′ mal 4′ für größere Encounter angegeben.

  • Sehr schönes Review…und vielleicht wieder ein kleines Büchlein für die Sammlung. Passt bestimmt gut neben Frostgrave ins Regal. 😀

  • Schönes Review. Und das System liest sich ja sehr interessant an. Könnte definitiv was sein, wo die ganzen schicken Virtrinenminiaturen auch mal etwas Action sehen. Werde ich mir ggf. einmal genauer ansehen, wenn ich wieder mehr Geld zur Verfügung habe.

  • Hört sich sehr interessant an. Gibt’s evtl. schon Überlegungen für ein Kampagnen-Setting, um seine Truppe doch noch weiterentwickeln zu können?

    • Theoretisch kannst du deiner Gruppe nach jedem erfolgreichen Spiel mehr Gold zugestehen, wodurch sie ihre Werte und Ausrüstung verbessern können. Du kannst das auch direkt an die Schätze aus den gesammelten Adventure Token koppeln.

  • Ich muss zuegeben, dass ich vollkommen (A)D&D fremd bin. Aber von Munchkin kenne ich z.B. die Begriffe „wanderndes Monster“ und den „Chainmail Bikini“.

    Da Munchkin ja eine Parodie auf gängige Settings darstellt, meine Frage: kommen die beiden Begriffe also ursprünglich von D&D und stellen sie dort was Besonderes dar oder einfach nur das, wonach sie sich anhören? Umherstreifende Monster (im Gegensatz zu denen, die geduldig hinter Türen warten?) und nicht blickdichte Metallbadebekleidung?

    Auch wenn es nicht den Anschein hat, ich meine diese Fragen ernst. 🙂

    • Also es gab Tabellen für zufällige Monsterbegegnungen unterwegs oder in Dungeons usw. Was Wanderende Monster wären.

      Chainmail Bikini ist eher etwas was von Fantasy Zeichnern kommt. Wobei halt in einer Fantasy-Welt alles mit Schutzzaubern versehen werden kann. Es spricht also nichts gegen ein Kettenbikini+5, welcher wie ein Schuppenpanzer schützt.

  • Herzlichen Dank für diese aussagekräftige Review. Das Spiel hört sich sehr schick an. wobei ich echt verwundert bin, dass man eine (ich denke mal, eher aufwendige) Charaktererstellung implementiert, aber kein Kampagnensystem. Naja, da kann man ja nachhelfen, wenn man es braucht.

  • Dünne Review ohne Substanz.

    Das nächste mal das Spiel auch spielen statt nur das PDF durchzublättern. Danke.

  • Klingt soweit sehr spannend – gerade weil ich noch nach einem Skirmisher neben Frostgrave suche, einem der nicht(!) zwingend an eine Kampagne gekoppelt ist. (Frostgrave ist ohne Kampagne spielbar, aber eben Mist.)

    Leider sind die Einstiegskosten in Otherworld mit 40+ Euro für Regelbuch und Kartenset zusammen leider zu viel um „mal so reinzulesen“. Ich will keine Preisdiskussion starten, aber als ich das Regelwerk „mal so mitbestellen“ wollte und den Preis sah musste ich für 136 S. Softcover schon schlucken und habe es gelassen.

    • Das Regelbuch an sich kostet 25 Pfund. Dafür ist es ziemlich hübsch gemacht. Karten, Armeelistenbögen usw. gibt es kostenlos als PDF zum Download.

      • Dass man die Karten runterladen kann wusste ich nicht – lieben Dank! Das machts doch wieder attraktiver! 🙂

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