von Burkhard | 09.10.2010 | eingestellt unter: Reviews, Science-Fiction

Review: Armor Grid – Mech Attack!

Bei „Armor Grid: Mech Attack“ handelt es sich um ein Mechatabletop im 15mm Maßstab. Anders als die meisten Tabletops kommt es als eine 80MB große pdf-Datei, die euch knapp 8 Dollar kostet. Neben den ausdruckbaren Fraktionen finden sich im Paket auch die Regeln, Marker und Bauanleitung, auf insgesamt mehr als 50 Seiten gibt es – bis auf 10 seitige Würfel – alles was man braucht, sogar einen Zollstock zum ausdrucken!

Das Regelbuch:

Mit nur 12 Seiten ist das Regelbuch nicht besonders lang. Es orientiert sich eindeutig an anderen bekannten Regelwerken, die Einheiten bewegen sich, können schießen und die Umgebung scannen. Dabei sollten Spieler der gängigen Systeme kein Problem haben die Regeln zu befolgen. Wirklich interessant ist hierbei aber die „Abwärme“-Sonderregel. Das Bewegen oder Abfeuern einer Waffe verursacht Abwärme, heizt sich der Mecha zu sehr auf, erleidet er Schaden der von Systemausfällen (die quasi „eine Runde aussetzen“ darstellen) bis zur Explosion des Fahrzeuges gehen kann.

Das macht die Zusammenstellung der Fahrzeuge recht einfach und doch sehr realistisch. Neben einer maximalen Punktzahl die jeder Mech und jedes Fahrzeug für Gerätschaften wie Waffen oder Scanner ausgeben kann, hat jeder Mech auch eine maximale „Wärmeverträglichkeit“. Je größer die Waffe, desto mehr Abwärme. Ein kleiner Mech ist somit nicht unbedingt die beste Wahl für einen (oder sogar mehrere) schweren Laser, weil das Abfeuern der Waffe alleine schon die maximale Wärmekapazität des Läufers übersteigt. Anders formuliert: Ein kleiner Mech mit schwerem Laser ist gezwungen, immer wieder auszusetzten um abzukühlen oder muss sich entscheiden ob er laufen oder schießen will. Hier ist immer wieder nachdenken erforderlich, außerdem eine gewisse Risikobereitschaft. Ein Schuss mehr oder einmal Rennen statt Laufen kann das Spiel entscheiden, kann aber auch dazu führen, dass die Systeme dank des Überhitzens abstürzen und man einen Mech statt in einem Sturmangriff plötzlich ziemlich doof in der Gegend herumstehen hat.

Wo wir gerade bei Waffen sind: Jeder Läufer, alle Infanterieeinheiten und jedes schwere Fahrzeug kann mit Waffen ausgestattet werden. Die Waffen unterteilen sich in leichte, mittlere und schwere Waffen. Jede Waffe verursacht Schaden auf einer Tabelle, die der Spieler für jedes Fahrzeug hat. Die Schadenstabellen steht für die komplette Panzerung von oben gesehen. Armor Grid stellt die dicke der Panzerung dar, die Zahlen in der waagerechten die verschiedenen Systeme die getroffen werden können. Schwere Fahrzeuge haben 150 (15 Felder), leichte Fahrzeuge nur 60 (6 Felder) Einheiten dicke Panzerung. Infanterie hat keine Panzerung. Für jeden Treffer stirbt einfach ein Soldat aus der Truppe – traurig. Jede Waffe sprengt etwas der Panzerung weg, was durch ausmalen der Felder dargestellt wird.

Die Tabelle zur Ermittlung des Fahrzeugschadens. Auf dem zweiten Bild zeigen die grauen Kästchen Links neben den Waffen an, wie man die Tabelle ausmalen muss um den Schaden durch die Waffe darzustellen.

Laser greifen punktuell an, schmelzen sich aber tief in die Panzerung. Andere Waffen wie die Raketen verursachen weitreichenden Oberflächenschaden an mehreren Systemen, aber zerstören nicht tief. Wieder andere Waffen wie die Kanone stellen eine Mischung aus Laser und Rakete dar, was deren Schadensmenge angeht. Wird bei einem Mech in einem Bereich die komplette Panzerung zerstört, wird es gefährlich.  Ein weiterer Treffer in diesen Bereich führt zu einem kritischen Treffer, dessen Auswirkungen sehr denen aus Warhammer 40k ähneln. Kleine Gimmiks bei den Waffen sind die Anti-Waffen wie z.B. Abwehrsysteme gegen anfliegende Raketen oder Störsender, womit man die Lebensdauer gerade der kleinere Läufer etwas verlängern kann.

Die Modelle:

Die Modelle sind aus Papier und zum ausdrucken. Das hat einige Vorteile, aber auch einige Nachteile, die man sich vorher gut überlegen sollte. Pro Fraktion sind nicht weniger als 10 Seiten Vollfarbe zu veranschlagen, dazu kommen nochmal 4 Seiten an vollfarbigen Bases. Weiterhin zwei Seiten an Markern und zwölf Seiten Regelbuch mit teils großen Bildern. Meine Farbpatrone war danach leer. Der Preis des Spieles ist damit eher relativ, je nach Drucker und Druckqualität kann eine Druckerpatrone zwischen 15-30 Euro kosten, wodurch man auf den Kaufpreis nochmal die Preise neuer Druckerpatronen aufrechnen muss. Günstig wird das Spiel aber trotzdem bleiben. Anders als bei vielen anderen Papiermodellen sind die Modelle hier sehr schön designet und wissen zu gefallen. Auf „Tischhöhe“ kann der Prepaint durchaus überzeugen.


Die Modelle von Armor Grid (Bild ganz Links) wirken auf den Bildern sehr viel solider als meine Bastelversuche. Ob das an der Base oder stärkerem Papier liegt? Wie dünn die Modelle bei der doch ganz ordentlichen Größe sind, seht ihr im dritten Bild.

Trotzdem haben für mich die Nachteile von Papier doch überwogen. Die Modelle sind sehr zweidimensional und wackelig, gerade die Mechas neigen zum einknicken und stehen nach ein paar Runden ziemlich schief auf ihren Bases, auf die man wegen der argen Stabilitätsprobleme leider nicht verzichten kann. Papiermodelle sind nunmal nicht besonders solide, das nette Design und die schönen Texturen können leider das Problem nicht wettmachen, dass die Modelle nach drei oder vier Spielen ziemlich ramponiert sein dürften. Ich habe zum ausdrucken normales 80 Gramm Papier verwendet, möglicherweise könnte etwas stärkeres Papier hier Abhilfe schaffen.

Laminieren kann man die Modelle so ebenfalls eher schlecht (nur die Marker bieten sich hierfür an), da die meisten Modelle geknickt und geklebt werden müssen. Pappe zwischen die einzelnen Teile kleben ist auch nicht einfach. Die Modelle sind schon sehr gut angeordnet, an den Knickkanten umgeknickt und verklebt passen die Teile sehr gut zusammen. Klebt man Pappe dazwischen, tja, dann passen die beiden Seiten der Modelle nicht mehr. Wozu allerdings die grafisch designten Innenseiten der Fahrzeuge gedacht sind, wird wohl ein Rätsel der Hersteller bleiben. Bei allen Fahrzeugen sind die „Innenansichten“ im zusammengebauten Zustand nicht zu erkennen und somit unnötig. Einzig die Mechas brauchen eigentlich eine doppelseitige Bemalung. Natürlich gibt das doppelte Papier mehr Stabilität, aber hier hätte man sicher pro Fraktion 2-3 Seiten Farbe zugunsten einfacher Rahmenlinien zum ausschneiden sparen können.

Die Modelle wirken bereits vor dem ersten Spiel mitgenommen. Man erkennt deutlich, dort wo man die Fahrzeuge anfasst, verbiegen sie sich sehr schnell. Die Waffen haben keine große Aufsatzfläche, dürfen aber nicht geklebt werden, immerhin kann man die Fahrzeuge verschieden ausstatten. Der Nachteil daran: Die Halterungen sind schnell ausgeleiert. Wozu das Design des Fahrzeuginneren dient, bleibt wohl ein Geheimnis der Designer.

Die Fraktionen unterscheiden sich untereinander nur durch ihre Farbe. Die Modelle sind Blau, Grau und Grün, dazu eine „leere“ Fraktion, die nach eigenem Ermessen bemalt werden kann. Ein nettes Gimmik, leider hat mich das ganze doch eher enttäuscht. Bis auf die Farben sind leider alle Modelle gleich.

Das Basteln an sich geht recht gut von der Hand, hier hat man sich vorher eindeutig Gedanken gemacht. Die Modelle verfügen über einen breiten schwarzen Rand, wodurch man einen gewissen Spielraum hat was das ausschneiden angeht. Die Modelle bestehen nur aus wenigen Teilen und sind leicht zusammenzustecken. Kompliziertes Falten oder Verkleben entfällt.

Arbeit bleibt es trotzdem, die Modelle der Infanterie sind nicht ganz so einfach  auszuschneiden, sie sind einfach sehr klein. Wirklich nervenaufreibend wird es bei den verschiedenen Waffenoptionen:  83 verschiedene Waffen gilt es pro Fraktion auszuschneiden und zusammenzukleben. Ich bin zwar tatsächlich ziemlich faul, aber ich glaube, selbst ein Engagierterer hätte bei allen vier Fraktionen an diesem Zeitpunkt kapituliert. Über 300 Waffen auszuschneiden ist eine Arbeit, die man nicht einfach mal so fertig bekommt, wodurch man auch nicht mehr von einer Zeitersparnis durch die Papiermodelle sprechen kann. In der Zeit in der ich alle diese Waffen ausgedruckt, geknickt, verklebt und ausgeschnitten habe, hätte ich auch passende Zinn oder Plastikmodelle angemalt.

Eine der vielen Seiten für die verschiedensten Waffen der grünen Fraktion.

Ich habe deswegen auch nach ein paar Waffen aufgehört und mich nach anderen Möglichkeiten umgesehen:

Es lohnt sich wirklich, das Spiel mit 15mm Modellen zu spielen. Im Regelbuch wird sogar extra darauf hingewiesen, dass sich die Regeln perfekt übertragen lassen. Man kann sogar – alle Werte Mal Zwei genommen – mit 28mm Modellen spielen. Die Einteilung in leichte Fahrzeuge, Mechas und Infanterie oder der „Laser“, die „Rakete“ und das „Maschinengewehr“ ist einfach genug, um sie mit vielen verschiedenen Modellen darstellen zu können. Mein Tipp wären hier z.B. Khurasanminiatures oder Modelle von Oldcrow für 15mm Fahrzeuge, AT-43 oder Robogear für eine 28mm Version.

Khurasanminiatures - Scout 15mm Robogear Mechas 28mm

In meinem Testspiel habe ich Waffenteams der Imperialen Armee als Fußtruppen, Tau Geistkampfanzüge als leichte, Kolosse als mittlere und große Red Blok Läufer als schwere Mechs verwendet. Scoutfahrzeuge waren zum einen ein Ork Pickup und eine Chimäre, Panzer wurden durch einen Hammerhai und einen Leman Russ Punisher dargestellt (letzterer auch mit der obligatorischen „schweres syncronisiertes Maschinengewehr“-Ausrüstung).

Fazit: Das Spiel überzeugt durch einfachen und schnellen Ablauf mit ein paar netten Sonderregeln. Der Preis ist auch bei eingerechneter neuer Farbpatrone für den Drucker noch sehr günstig. Vielfältige Waffenoptionen und verschiedene Fahrzeuge kosten beim basteln aber einiges an Zeit und Nerven. Ob man mit den fitzeligen Papiermodellen spielen will ist sowieso die andere Sache: Trotz des schönen Designs ist es umständlich, wenig haltbar und bis auf verschiedene Fraktionsfarben nicht sehr abwechslungsreich. Ich empfehle hier die Regeln zu verwenden, die gerade mit der Tabelle als Panzerung und der Wichtigkeit der Fahrzeugkühlung sehr interessant und schön, für mich als alten Warhammer 40k Spieler auch auf erfrischend neue Weise realistisch sind. Entweder verwendet man hier 15mm Mechas oder aber (mit Verdoppelung der Werte von Waffenreichweite und Bewegung) 28mm Modelle, wodurch hier auch Khador gegen Space Marines spielen kann, 20 Jahre alte Robogear Modelle, Revellpanzer oder anderes. Gespielt werden kann quasi alles, was irgendwie einen Mech, ein Scoutfahrzeug oder einen Panzer darstellen kann.

Neben dem Spiel bietet Armor Grid inzwischen auch Geländesets und Kampagnenfelder an, ähnlich dem „Planetare Reiche“-Systems bei Games Workshop. Genau wie neue Mechdesigns im Camoschema sind auch diese Bausätze zum selbstdrucken und basteln.

Das Spiel erhaltet ihr z.B. bei der Wargame Vault, weitere Infos über das Spiel, Erweiterungen, Gelände und Szenarien gibt es auf dem Blog der Hersteller.

Burkhard

Brückenkopf-Maskottchen, Todesrennen-Rennleiter und Aushilfsbespaßer. Im Zweifelsfall mit irgendeinem Diorama beschäftigt.

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Kommentare

  • Hört sich nach einer netten Variante von Battle-Tech an (aber lieber gut geklaut als schlecht selbst erfunden 😉 )
    Auf jeden Fall ne nette und Ausführliche Rezension – Danke

    • Renegade Legion/Crimson Skies, zumindest was Waffenschaden und Panzerungsdiagramm betrifft. Also gleicher Laden (FASA). 😉

  • Vielen Dank dafür.
    In der Tat bietet sich hier an stärkeres Papier zu nehmen.
    120g oder sogar 160g, jeh nachdem was der Drucker verträgt.
    Papiermodelle sind doch recht weit verbreitet.
    Wer möchte kann sich ja mal zb. bei One Monk oder Ebbles Miniatures umsehen. Dort findet man auch Links zu vielen weitern Anbietern.
    Auch ein Blick auf Kartonmodell-Forum oder Kartonbau.de sind interessant.
    Was diese Jungs und Mädels alles aus Papier bauen…

    • Ist korrigiert! Man liest sich den Text selbst zwar nochmal durch (was nicht heissen soll dass er danach fehlerfrei wäre), den Satz auf der Frontpage vergisst man da aber schnell mal! 😉

  • @ Craddoc/Brückenkopf: Danke für die Review – ich hatte vor Monaten mal eine Ankündigung für Armor Grid gesehen, wußte aber noch nicht, das das Spiel schon veröffentlicht wurde.

  • Weiß einer wie große die alten BT-Figuren sind? Müsste doch 15mm sein. Also ich bräuchte wenigstens nicht mit papiermodellen spielen 😉

    Klingt auf jeden fall interessant aber definitiv einiges von BT geklaut.

  • Der Beginn Deiner Review liest sich so, als würdest Du die (Ab-)Wärme Regeln für eine Innovation halten. Diese Idee wurde natürlich auch von Battletech entlehnt.

    • Naja, ich kenne Battletech nicht, deswegen habe ich ja auch geschrieben, für mich als Warhammer 40k Spieler wirkt das ganze Interessant und Innovativ. Insgesamt stimmt aber, da ist viel geklaut worden! 😉

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